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Es ist eine zentrale Philosophiefrage in Fußballdiskussionen: Ballbesitz- oder Umschaltspiel? Die Merkmale und Unterschiede der beiden Ansätze sind Inhalt dieses Artikels.

Definitionen

Der Ballbesitzfußball basiert darauf, lange am Ball zu bleiben und durch permanentes Passspiel Räume für planvolle Angriffe zu öffnen. Vorrangiges Ziel ist also nicht, den Ball möglichst schnell vor das gegnerische Tor zu spielen. Vielmehr geht es darum, mit einstudierten Varianten und guter Abstimmung zum Erfolg zu kommen.Beim Umschaltspiel geht es darum, vorhandene Räume durch die Unordnung des Gegners bei seinem Ballverlust auszunutzen. Die eigene Mannschaft schaltet schnell um und versucht, den Ball in kürzester Zeit mit Pass- oder Laufspiel vor das gegnerische Tor zu bringen. Gelingt das schnelle Umschalten, sind in der gegnerischen Hälfte bzw. im Rücken der Abwehr Räume offen, in die die Angreifer mit langen Temposprints eindringen können.

Ballbesitzfußball

Pep Guardiola hat beim FC Barcelona den Ballbesitzfußball in seiner Extremform entwickelt, wenn er auch nicht Erfinder dieser Spielweise ist. Denn schon niederländische Mannschaften in den 1970er-Jahren spielten in ähnlicher Weise.Mit einer Mannschaft von hochbegabten Ausnahmefußballern wie Andres Iniesta, Xavi, Lionel Messi, Thierry Henry und Gérard Piqué war Guardiola mit “seinem” Ballbesitzfußball enorm erfolgreich (14 Titel von 2008 bis 2012). Auch beim FC Bayern und nun bei Manchester City setzte und setzt er auf Ballbesitz und Spielkontrolle.

‍Die Voraussetzungen, um erfolgreichen Ballbesitzfußball zu spielen sind enorm hoch. Die Spieler müssen technisch (Passspiel, Ballannahme und Dribbling), taktisch (Positionsverhalten, Antizipation und Orientierung) und psychisch (Geduld, mentale Ausdauer, Nervenstärke unter Druck) hervorragend sein.Beim Ballbesitzspiel muss die Mannschaft die sich bietenden Räume - so klein sie auch sein mögen - ausnutzen. Dazu stellt sie zunächst maximale Breite und Tiefe her, um den Gegner auseinander zu ziehen. Es werden häufig weite Verlagerungen gespielt. Wird eine Position angespielt, so sorgen die Mitspieler durch intensive Laufarbeit dafür, dass situativ eine Überzahl hergestellt wird. So kann der Ballbesitz verteidigt werden bzw. es ist jederzeit eine Anspielstation vorhanden. Die Spieler agieren aus ihren Positionen heraus mit viele automatisierten Abläufen, um Lücken in der gegnerischen Defensive herauszuspielen und zu nutzen.Dabei gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, wie man zum Erfolg kommen kann. Zum Beispiel kann man durch Ballrotation und Positionswechsel versuchen, überragende Einzelspieler in aussichtsreiche 1 gegen 1-Situationen zu bringen (bei Barcelona oft Messi). Oder man versucht, Räume in der gegnerischen Defensive zu öffnen, indem Spieler ihre Gegenspieler herausziehen bzw. von ihrer Position weglocken. In die entstehenden Lücken können dann andere Angreifer nachrücken.Auch wenn der Ballbesitzfußball von Barcelona als perfektes Beispiel dienen kann, nutzten auch andere Mannschaften diese Spielweise: FC Bayern München, FC Arsenal unter Arsène Wenger, aber auch Swansea City unter Roberto Martínez.

Umschaltspiel

Ein gutes Beispiel für schnelles Umschaltspiel (in Kombination mit recht hohem Pressing) ist das Spiel von Borussia Dortmund ab 2012 unter Klopp und Tuchel.Mit extrem schnellen Spielern wie Lucas Pisczek, Marco Reus, Henrich Mchitarjan, Pierre-Emerick Aubameyang und einem treffsicheren Robert Lewandowski hatte die Mannschaft genau die Spieler, die man für schnelles Umschaltspiel benötigt.Das aggressive Defensivverhalten mit hohem Pressing sorgte für Ballgewinne, die dann mit überzeugendem Konterspiel genutzt wurden. José Mourinho ist auch ein Trainer, der auf eine starke Defensive und schnelles Konterspiel setzt. Er wurde oft mit dem Vorwurf der Destruktivität konfrontiert, war aber mit dieser Spielweise vor allem beim FC Chelsea extrem erfolgreich. Bei seiner Spielweise war insbesondere der Zielspieler Didier Drogba im Angriff wichtig, der hohe und flache Anspiele verarbeiten und verwerten und sich im 1 gegen 1 durchsetzen konnte.Auch das Umschaltspiel hat besondere Voraussetzungen. Dazu gehört zunächst einmal die Fähigkeite einer Mannschaft, souverän zu verteidigen, d.h. wenige Torchancen des Gegners zuzulassen. Zu dieser stabilen Defensive gehört auch das Selbstvertrauen, dem Gegner den Ballbesitz zu überlassen. Um darüber hinaus erfolgsversprechende Ballgewinne zu schaffen, muss die Mannschaft variables Pressing spielen können, vor allem Mittelfeldpressing. Mittelfeldpressing bietet die beste Balance zwischen Risiko und Erfolgschance bei Umschaltsituationen. Beim Angriffspressing besteht hohes Risiko durch geringere Absicherung, beim Abwehrpressing ist der Weg zum gegnerischen Tor bei Ballgewinn sehr weit.Für den Erfolg der Umschaltaktionen sind vor allem die Geschwindigkeit und das Timing der Spielzüge wichtig. Laufwege müssen gut abgestimmt sein, was häufiges Training erfordert. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Antizipationsfähigkeit der Spieler: Können sie erkennen, wann eine Gelegenheit für eine gute Kontersituation vorliegt, so dass es sich lohnt, etwas mehr Risiko im Zweikampf einzugehen und ggf. einen zusätzlichen Laufweg zu machen.

Variable Anpassung der Spielweise

Starke Mannschaften mit gut ausgebildeten Spielern sind in der Lage, beide Spielansätze umzusetzen. Sie spielen auf Ballbesitz, um den Gegner müde zu machen und ihn laufen zu lassen.Schaffen sie es dadurch, ein Tor zu erzielen, passen sie ihre Spielweis an und setzen stärker auf Umschaltaktionen aus einer stabilen Defensive heraus. Das entspricht dem Matchplan eines Trainers oder ist die Reaktion auf die Spielweise des Gegners oder den aktuellen Spielstand.

Trainingsmöglichkeiten

Beim Ballbesitzspiel lassen sich vor allem die technischen und taktischen Grundlagen gezielt erarbeiten. Die Anwendung der richtigen Passtechnik, die intelligente Ballannahme und die gute Orientierung lernt man besonders gut in kleinen Spielformen.Sie fordern schnelle Wahrnehmungs- und Entscheidungsprozesse der Spieler, da alle Aktionen unter höchstem Druck des Gegners auf engem Raum ablaufen. Dazu müssen die technischen Grundlagen, das heißt die reine Pass- und Annahmetechnik aber bereits stabil beherrscht werden.Die taktische Ausgestaltung des Ballbesitzspiels im 11 gegen 11 und dem eigenen Spielsystem trainiert man dann in großen mannschaftstaktischen Formen (ab 8 gegen 8) und ggf. auch in Übungen für einzelne taktische Abläufe. Hier liegt der Fokus auf dem Positionsspiel insgesamt (Raumaufteilung und grundsätzliche Verhaltensweisen) und dem Verhalten einzelner Gruppen.Beim Umschaltspiel ist es sinnvoll, Spieler immer wieder mit den Umschaltmomenten zu konfrontieren und mit ihnen dann Verhaltensweisen und Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Auch hier steht das mannschaftstaktische Training im Mittelpunkt, um Eckpunkte der eigenen Verhaltens und Entscheidungssituationen herauszuarbeiten.Das gelingt mit großen Spielformen, bei denen man mit einem Coachingteam (defensiv) und einem Sparringsteam (offensiv) arbeitet. Das Sparringsteam hat die Aufgabe, genau die gewünschten Angriffszüge zu spielen und so die Grundsituationen für die zu erarbeitenden Umschaltaktionen herzustellen.Beispiel: die Sparringsmannschaft soll über Außen aufbauen, damit das Coachingteam nach Innen lenken kann, um im Zentrum den Ball zu gewinnen.

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