
Das 4-3-2-1 System, auch als Tannenbaum bekannt, sorgt für größtmögliche Kompaktheit im Spielfeldzentrum. Es wird von Mannschaften gespielt, die den Gegner auf die Außenbahn zwingen wollen.Dabei bietet es aber für Mannschaften, die taktisch flexibel spielen können, auch Chancen, die Formation schnell zu verändern. Allerding stellt dieses System hohe Anforderungen an die individuellen Fähigkeiten der Spieler.
Raumaufteilung
Das 4-3-2-1 setzt auf extreme Kompaktheit in der Mitte zulasten der Außenbahnen. Und das noch viel stärker, als etwa ein 4-4-2 mit Mittelfeldraute. Die Viererabwehrkette deckt noch die gesamte Spielfeldbreite ab, je weiter man nach vorne kommt, desto schmaler wird die Formation.

Defensive: Pressingvarianten/-arten
Im 4-3-2-1 ist es das Ziel, das gegnerische Spiel durch die Mitte zu unterbinden und den Gegner auf die (weniger attraktive) Außenbahn zu zwingen. Häufig lässt sich auch beobachten, dass Mannschaften, die sehr tief in der eigenen Hälfte verteidigen (Abwehrpressing), eine solche Formation wählen.Wenn man aktiv auf Ballgewinn geht, dann im Zusammenspiel der Außenverteidiger mit einem der drei Sechser (im Halbraum oder auf der Außenbahn. Weitere Pressingschancen ergeben sich, wenn man dem Gegner Pressingfallen stellt, d.h. ihm etwa bewusst Räume im Zentrum lässt, um dann von allen Seiten zu attackieren (Achter und Sechser im Zusammenspiel). Durch das kompakte Zentrum gelingt es im 4-3-2-1 sehr gut, jederzeit Überzahl in Ballnähe zu schaffen, wenn der Gegner durch die Mitte spieltSelbst wenn man nicht auf aktiven Ballgewinn spielt, kann man in diesem Spielsystem auch sehr gut die Passwege des Gegners zu stellen, um ihn nicht in die torgefährliche Zone vor dem eigenen Strafraum eindringen zu lassen. Dieses “passive” Verteidigen ließ sich bei vielen italienischen Mannschaften der 90er und 00er Jahre beobachten, die hoch diszipliniert ohne großen Aufwand das gegnerische Angriffsspiel zum Erlahmen brachten. Gegen Mannschaften, die sehr starke Flügel ins Feld führen, ergibt das Spielsystem wenig Sinn in der Defensive.
Offensive: Typische Spielzüge
Die Defensive Kompaktheit dieses Spielsystems ist seine große Schwäche, wenn es um die Offensive geht. Gerade auf den Außenbahnen müssen von den Außenverteidigern extrem weite Wege zurückgelegt werden, um die notwendige Breite zu schaffen. Unterstützt ein Außenverteidiger die Offensive können sich Räume am Flügel ergeben, da die eher mittenorientierte Taktik den Gegner dazu veranlassen kann, seine Defensivformation sehr kompakt zusammenzuziehen. Wichtig ist hierbei aber das Timing des Außenverteidigers. Schiebt er zu früh nach vorne, wird er wahrscheinlich abgedeckt.Ansonsten bietet sich natürlich das Spiel über das Zentrum an, das man mit 5 zentralen und halben Mittelfeldspieler auch in der Offensive dominieren kann. Schieben die Sechser nach, ergeben sich hervorragende Gegenpressingmöglichkeiten auf dem ganzen Platz, die man auch als Offensivtaktische Varianten interpretieren kann. Eine wichtige Rolle spielt hier der tiefe Spielmacher (s.u.), der vor der Abwehr die Bälle fordert und für die Verbindung zum offensiven Mittelfeld und Angriff sorgt.Dennoch liegt der Fokus beim Offensivspiel insgesamt eher auf schnellen Umschaltaktionen nach Ballgewinn. Dafür sind besonders die Laufwege und das Zusammenspiel der offensiven Mittelfeldreihe mit dem einzigen Stürmer entscheidend. Hat man hier Spieler mit gutem 1 gegen 1-Verhalten und kreativen Ideen im Offensivspiel, lassen sich immer wieder Chancen erspielen, wenn der Gegner aufgerückt ist.
Besonderheiten in den Positionsgruppen/Anforderungen an Positionen (Besetzung)
Eine Mannschaft, die dieses Spielsystem bis zu Perfektion führte, war der AC Mailand unter Carlo Ancelotti. Dabei hatte er das Glück und das Händchen, die absolut passende Besetzung für jede Position im 4-3-2-1 zu finden.

Andrea Pirlo gab den tiefen Spielmacher vor der Abwehrkette, elegant, ballgewandt und mit einem unglaublich guten Passspiel in die Tiefe. Flankiert wurde er von den beiden “Abräumern” Gennaro Gattuso und Massimo Ambrosini, die jedoch auch ihre Qualitäten am Ball hatten und doch eher für die Rolle der Arbeiter gerühmt wurden.Vor diesem schon enorm stark besetzten defensiven Dreier-Mittelfeld spielten der hochbegabte Brasilianer Kaka und der Niederländer Clarence Seedorf. Die beiden hatten die Fähigkeit in der gegnerischen Hälfte immer wieder für Überraschungsmomente zu sorgen, sei es durch Individualaktionen oder durch die intelligente Nutzung vorhandener Räume. Kaka und Seedorf verstanden es, das Umschaltspiel perfekt zu nutzen, indem sie zusammen mit den Stürmern Inzaghi oder Ronaldo für brandgefährlich Konter in hohem Tempo sorgten.Das Spielsystem funktionierte beim AC Mailand auch deshalb, weil insbesondere der unglaublich laufstarke Außenverteidiger Cafu die gesamte Länge des Spielfelds bespielen konnte. Er sorgte für große Stabilität in der Defensive und konnte gleichzeitig im Angriff den Flügel besetzen und so der Offensive die notwendige Breite geben.
Stärken und Schwächen (Anwendung des Systems)
Das 4-3-2-1 kann vor allem genutzt werden, wenn man in der Defensive das Mittelfeldzentrum beherrschen will. Gegen nominell 5 zentrale Mittelfeldspieler wird es für den Gegner schwer, sich durchzuspielen, wenn die Mannschaft positionstreu spielt. Der starke Fokus auf das Zentrum kann zur Schwäche werden, wenn man auf Gegner trifft, die starke Flügelspieler ins Feld schicken. Denn die Außenbahnen werden systematisch vernachlässigt, da sie nur einfach besetzt sind. Gegen Mannschaften mit starken Flügel bietet sich insofern ein eher breitenorientiertes Spielsystem an (z. B. 4-4-2 mit flacher Vier).Auch so ergibt das 4-3-2-1 System nur Sinn, wenn man ausreichend lauf- und zweikampfstarke Außenverteidiger aufbieten kann. Auch die drei Offensivspieler müssen weite Wege gehen, um Räume zu öffnen und auszunutzen.
Taktische Anpassungen je nach Situation (Varianten)
Will man möglicherweise einen einzelnen Spieler situativ auf der Zehner-/ bzw. Spielmacherposition spielen lassen, bietet es sich an, den zweiten Achter durch einen zusätzlichen Stürmer zu ersetzen. Daraus ergibt sich ein 4-3-1-2 System. Der Spielmacher hat dadurch viele Freiheiten im Offensivspiel, da die Mannschaft mit beinahe sieben Defensivspielern aufwartet.

Rückt die Mannschaft noch kompakter in der Tiefe zusammen, und gliedern sich die beiden offensiven Mittelfeldspieler in die Dreierkette ein, so entsteht ein 4-5-1 in der Defensive. Das steht für eine breitere Aufstellung, ist dafür aber in der Tiefe nicht mehr so stark gestaffelt.Tendenziell kann es eine Überlegung wert sein, im 4-3-2-1 zu verteidigen und in der Offensive auf ein 4-2-3-1 umzustellen. Das ist z.B. möglich, indem man einen der defensiven Mittelfeldspieler auf den Flügel ausweichen lässt und dafür einer der Offensiven den anderen Flügel besetzt. Diese asymmetrische Interpretation des Grundsystems sorgt für mehr Breite im Angriffsspiel.
Trainingsschwerpunkte
Das 4-3-2-1 System eignet sich insbesondere dazu, das Defensivverhalten im zentralen Mittelfeld zu erarbeiten für den Fall, dass man auf Gegner mit gefährlichen Spielern in diesem Bereich antritt. Dabei muss das Verhalten der Mannschaft daraufhin optimiert werden, dass der Gegner ins Zentrum spielt. Das bedeutet vor allem, dass das hohe Verteidigen der Außenverteidiger auch im Training erarbeitet werden muss (inklusive des Verhaltens der verbleibenden Kette, wenn ein Spieler weit herausrückt).Sehr gut trainieren lässt sich auch das Abwehrverhalten der drei defensiven Mittelfeldspieler zusammen mit der Abwehrkette. Schaffen sie es, Passwege auf die gegnerische(n) Spitze(n) zu schließen (passives Verteidigen) und - falls nicht - wie effektiv gelingt es ihnen, nach hinten Druck auf die Ballbesitzer auszuüben (Doppeln im Zentrum).
Insgesamt kann man als Trainer mit diesem System sehr gut am eigenen Abwehrpressing bzw. am Tiefstehen arbeiten. Letzteres bedeutet, dass man lediglich gegnerische Torabschlüsse bzw. gefährliche Kombinationen unterbindet, ohne aktiv auf Ballgewinn spielen zu wollen (Unterschied zum Pressing). Dafür ist ein konzentriertes und koordiniertes Verschieben der gesamten Formation notwendig.Will man auch auf der Ebene einzelner Positionsgruppen arbeiten, so kann man sich mit dem Lauf- und Angriffsverhalten der Außenverteidiger beschäftigen und so ihr Timing im Offensivspiel und ihr Gefühl für die Balance zwischen Angriff und Abwehr weiterentwickeln.